Die Gegend in und um Salzburg lockt nicht nur mit bezaubernden Adventsmärkten und -aufführungen – und Mozart. Hier ist auch die Wiege des bekanntesten Weihnachtsliedes der Welt: «Stille Nacht! Heilige Nacht!»
Max Gurtners Wangen glühen, die Augen strahlen und sein Herz scheint zu hüpfen, wenn er über Franz Xaver Gruber, den prominenten Bewohner des gelben Hauses vor der Wallfahrtskirche in Arnsdorf, erzählt. Der Museumsleiter ist sozusagen «Mister Stille Nacht» und kennt alle Details über die Entstehung des berühmten Weihnachtsliedes, das im letzten Jahr das 200-Jahr-Jubiläum feierte. Gurtner führt die knarrenden Holzstufen hinauf direkt in die einstige Wohnung von Franz Xaver Gruber, die inzwischen ein Museum beherbergt. Hier schrieb der Lehrer, Organist und Komponist die Melodie, die heute jedes Kind kennt. «Ein Lied so grad aus dem Herz», schwärmt Gurtner und zeigt ein Autograph mit Grubers Handschrift und weitere Dokumente.
Die Wohnung von Franz Xaver Gruber, die die Melodie von “Stille Nacht” schrieb (Bild: Silvia Schaub).
Längst heisst der Platz vor dem Haus «Stille Nacht Platz». Im nur vier Kilometer entfernten Oberndorf gibt es gar einen ganzen Stille Nacht-Bezirk. In der Flachgauer Grenzstadt hat man den touristischen Mehrwert des Themas schon lange erkannt. Schliesslich erklang in der dortigen Kirche St. Nikola 1818 erstmals die inzwischen weltberühmte Melodie. Heute steht an diesem Ort eine kleine Stille-Nacht-Kapelle, vor der sich schon mal Schlangen bilden. Vor allem, wenn drinnen der ehemalige DSDS-Sieger Tobias Regner das Weihnachtslied nur in Begleitung einer Gitarre anstimmt. Da bleibt kein Auge trocken. «Ich glaube, dass dieses Lied nur im schlichten Arrangement der Originalfassung seine volle Wirkung entfalten kann», sagt der Rocksänger.
Das Gruber-Haus in Arnsdorf (Bild: Silvia Schaub).
Da hätte wohl auch Joseph Mohr seine Freude gehabt. Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Hilfspfarrer war nämlich der Autor der trostreichen Zeilen, die er schon 1816 schrieb, «wohl aus Sehnsucht nach Frieden und nach einer Familie», wie Max Gurtner vermutet. Der junge Mohr wusste um die Not der Menschen und ihre Sorgen. Die Zeit war geprägt von politischen Umwälzungen, wirtschaftlicher Not und Naturkatastrophen. Er schrieb einen leicht verständlichen Text, der die Menschen ergriff. Der Auftrag Mohrs an Gruber, eine Melodie für zwei Stimmen, Chor und mit schlichter Gitarrenbegleitung zu komponieren, war damals ziemlich revolutionär. Die Gitarre war zu jener Zeit ein reines Wirthausinstrument. Undenkbar, dass man es in einer Kirche spielte. Lange hielt sich deshalb die Legende, dass Mohr darauf ausgewichen sei, weil eine Maus den Blasbalg der Oberndorfer Orgel angeknabbert habe. «Alles Unsinn», weiss Max Gurtner.
Dass freilich ihr Weihnachtslied einst um die Welt gehen und in über 300 Sprachen übersetzt würde, konnten Mohr und Gruber nicht erahnen. Inzwischen werden in Hallein bei Salzburg, wo Gruber während 28 Jahren lebte und als Organist wirkte, alle Exponate der beiden wie Juwelen aufbewahrt. Zu sehen sind sie im rundum erneuerten Stille-Nacht-Museum in Grubers ehemaligem Wohnhaus. Wie etwa zahlreiche Briefe und Tagebuchnotizen oder auch der Flügel, auf dem er neben dem Weihnachtslied noch über 90 Messen einstudierte. Wer noch tiefer in die Stille-Nacht-Geschichte eintauchen möchte, lässt sich von Heimo Thiel alias Gruber an die Halleiner Wirkungsorte des Komponisten führen und vom Schauspieler so manche Episode aus dessen Leben erzählen.
Sieben Stille-Nacht-Orte gibt es insgesamt im Salzburgerland. Dazu noch weitere in Oberösterreich und Tirol. Tatsächlich hat das Lied dank den Tiroler Familien Strasser und Rainer aus dem Zillertal die Welt erobert. Erstere waren fahrende Händler, die am Weihnachtsmarkt in Leipzig zwecks Ankurbelung ihrer Verkäufe das Lied sangen, letztere eine Sängerfamilie, die Konzertreisen bis in die USA unternahm und dort das Weihnachtslied als «ächtes Tyroler Lied» zum Besten gab. Seit 2011 ist das Lied, das als Friedenslied gilt, immaterielles UNESCO Kulturerbe. Schliesslich wird ihm auch eine politische Dimension zugesprochen, wurde es doch während der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert von den Soldaten über die Schützengräben hinweg gemeinsam gesungen. In den USA ist der Exportschlager als «Silent Night» so beliebt, dass er für amerikanisches Liedgut gehalten wird - dank Bing Crosby, dessen Version sich über 30 Millionen Mal verkaufte.
Kein Wunder wurde dem Lied zum Jubiläum auch ein Musical gewidmet: Die Produktion heisst „Meine Stille Nacht“ und stammt aus der Feder des oscarnominierten Komponisten John Debney (u.a. „The Passion of Christ“, „Ice Age“, „Sin City“). ….. Wer den Klassiker lieber ganz authentisch erleben will, darf das traditionelle Salzburger Adventssingen im Grossen Festspielhaus nicht verpassen. Seit über 70 Jahren begeistert es jährlich rund 36 000 Gäste aus der ganzen Welt und wird als das bekannteste Adventssingen im deutschsprachigen Raum bezeichnet. Aus Respekt und Wertschätzung erklingt das berühmte Weihnachtslied aber nur alle 10 Jahre.
Salzburg bezaubert auch im Winter (Bild: Silvia Schaub).
Auf dem Adventsmarkt mitten in Salzburg (Bild: Silvia Schaub).
Doch die Stadt Salzburg und die Region locken im Winter nicht nur mit unzähligen Stille-Nacht-Veranstaltungen. Der Advent gilt in Salzburg auch als die fünfte Jahreszeit. Die engen Gassen und weiten Plätze der Altstadt laden zum romantischen Stadtbummel ein – nicht zuletzt dank den zahlreichen Adventsmärkten. Ein Besuchermagnet ist etwa der Salzburger Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz mit über 100 Ausstellern. Besonders bezaubernd sind auch die kleineren Adventsmärkte wie etwa am Mirabellplatz, in den Sternarkaden oder auf dem Franziskischlössl ob Salzburg. Märchenhaft auch der Hellbrunner Adventszauber auf Schloss Hellbrunn nur wenige Kilometer von Salzburg entfernt. Dort verwandelt sich der Schlosspark in einen Märchenwald mit über 500 Nadelbäumen, die geschmückt sind mit mehr als 10 000 roten Kugeln und Lichterketten. Selbst der grösste Weihnachtsmuffel kann sich diesem Adventszauber nicht entziehen.
Der Salzburger Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz (Bild: Silvia Schaub).
Die Reise wurde unterstützt von Österreich Tourismus.
Anreise
Ab Zürich mit SBB/Railjet in knapp fünfeinhalb Stunden nach Salzburg.
Unterkunft
Sheraton Grand Salzburg, zentral gelegenes 5-Sterne-Haus am Mirabell-Garten, DZ ab 168 Euro, sheratongrandsalzburg.com