Bettina und Richard Plattner haben sich in Pontresina mit dem Maistra 160 einen Traum erfüllt. Das neue Hotel setzt sowohl architektonisch wie auch konzeptionell neue Massstäbe.
Im Wellness-Ruheraum lässt sich perfekt entspannen. Bild: Andrea Klainguti
Wenn ein Star-Architekt und ein engagiertes Hotelier- und Investorenpaar aufeinandertreffen, kann es schon einmal krachen. Denkt man. Im Falle von Gion A. Caminada und Bettina und Richard Plattner aber täuscht man sich. Bei der Präsentation ihres Projektes, dem Hotel Maistra 160 in Pontresina, spürt man vielmehr eine grosse gegenseitige Wertschätzung. «Natürlich mussten wir uns mit unseren Ideen erst finden», meint Bettina Plattner schmunzelnd. Entstanden ist ein stimmiger Ort, der sich aufs Wesentliche besinnt und Entschleunigung bietet.
Wenn man in Pontresina durch die Hauptstrasse, die Via Maistra, geht, ist man überrascht, wie symbiotisch sich das neue Hotel in die gegebene Struktur einpasst. Ein Fremdkörper ist der Bau trotz seiner Reduziertheit keineswegs, sondern ein Paradebeispiel für eine gelungene Verdichtung. Dennoch strahlt der Bau einen Hauch von Grandhotel aus, vor allem wenn man das Entrée betritt, das mit dem Terrazzoboden aus einem Bernina-Steingemisch, der offenen Gestaltung sowie der dunklen Bar beeindruckt.
Das neue Hotel bietet 36 Doppelzimmer und elf Lodges. Bild: Ralph Feiner
Einfach gestaltete sich der Bau auf dem engen Gelände nicht, zumal es auch noch an einer Hanglage liegt. So entstand nach vierjähriger Planungs- und dreieinhalbjähriger Bauzeit ein neunstöckiger Bau, fünf davon in den Hang gebaut. Hier befinden sich die elf Ferienwohnungen sowie die Spa- und Wellnesszone mit einer Art Kreuzgang um den offenen Innenhof, der mit der runden Öffnung an die Skyspaces von James Turrell erinnert. Beheizt wird das Hotel mit einem Pelletofen sowie mit Erdsonden. Und bald sollen auf dem Dach Solarpaneele installiert werden.
«Wir sind hier mitten im Dorf, alles ist in Fussdistanz erreichbar und dennoch haben alle Zimmer eine tolle Aussicht», schwärmt Bettina Plattner-Gerber. Es gibt im Viersterne-Superior-Hotel Maistra 160 in der Tat keine Vorder- oder Rückseite. Egal, welches der 36 Zimmer man wählt, der Blick geht in die beeindruckende Engadiner Natur. Die Arvenholz-Räume sind von der Architektur und der Einrichtung her ebenso reduziert wie die Aussenfassade, die Materialien mit grosser Sorgfalt gewählt. Wie etwa die Waschtische, die mit dem asiatischen Lack «Urushi» von der Trogener Handwerkerin Salome Lippuner gefertigt wurden. Ein Blickfang auch die floralen Deckenbemalungen des Textildesignerteams Martin Leuthold und Bernhard Duss. Zum absoluten Lieblingsplatz dürfte bei so manchem Gast die Stüvetta avancieren, eine Art Raum im Raum, wo man sich für ruhige Momente zurückziehen kann.
Blickfang in den Hotelzimmern: die floralen Deckenbemalungen. Bild: Andrea Klainguti
Ein wichtiges Stichwort, das beim 35 Millionen teuren Bau immer wieder zur Sprache kommt: Resonanz. Für Gion A. Caminada bedeutet es, dass das Haus mit dem Menschen lebt und der Mensch mit dem Haus – und so ein Gefühl von Heimat entsteht. Ein Thema, das Bettina und Richard Plattner schon während ihrer Zeit als Hoteldirektoren bewegt hat. «Wir möchten Harmonie, Ruhe und Wohlbefinden vermitteln, Rückzugsorte für Begegnungen schaffen und so Resonanz spüren lassen», betonen sie.
Die Stüvetta mit Blick in die Natur des Oberengadins. Bild: Andrea Klainguti
Dazu trägt neben der Bar und dem Restaurant mit einer alpin-orientalischen Küche auch die Bibliothek mit gegen 1000 Büchern (ein Herzensprojekt von Bettina Plattner-Gerber) sowie der Pöstli-Keller bei. Es war dem Besitzerpaar ein grosses Anliegen, diesen legendären Begegnungsort für junge Leute wieder auferstehen zu lassen. Zum Hotel gehören zudem die Creative Box, ein Freizeitangebot, wo man sich kreativ betätigen kann, sowie der Maistra Concept Store gleich im Gebäude nebenan. Dort kann man hochwertiges Handwerk kaufen, wie etwa die Produkte von Tessanda aus der Val Müstair, die Simone-Hüte aus dem Engadin oder Hunde-Accessoires sowie Yoga-Mode. Der stilvolle Shop im schicken Harley Green bietet Cupcakes und Bubbles an und will jede Saison mit neuen Produkten überraschen.
Zusammen mit den schon länger bestehenden Ferienwohnungen, den Alpine Lodges, kann das Unternehmerpaar nun 192 Ferienbetten anbieten. Dass es zu einem Verdrängungskampf unter den zahlreichen Hotels in Pontresina kommen könnte, glaubt Bettina Plattner-Gerber nicht. «Es hat immer Platz für gute Konzepte. Wir werden neue Gäste anziehen, das belebt den Standort.»
Die Lobby mit dem Bernina-Terrazzo. Bild: Andrea Klainguti
Mit der Eröffnung des Maistra 160 setzen Bettina und Richard Plattner einen Meilenstein. «Es war schon immer unser Traum, einmal ein Hotel von Grund auf neu zu denken und aufzubauen.» Die Führung des neuen Hotels wird das Besitzerpaar, wenngleich bestens mit der Hotelbranche vertraut und vernetzt – sie eröffneten und führten das Hotel Castell in Zuoz sowie als Vizedirektoren das Saratz in Pontresina –, nicht selbst übernehmen. Sie konnten für die Direktion Irene und Martin Müller gewinnen, die beide reiche Erfahrung mitbringen. Dank dem Bau eines Personalhauses am Dorfrand investierten sie auch in die Mitarbeitenden. Dort bietet sich mit 15 Studios, zwei Mini-Zimmern und drei grösseren Wohnungen für WGs Platz für den Grossteil der 45 Mitarbeitenden. Zweifellos ist Plattners damit gelungen, in Pontresina ein Stück Tourismusgeschichte zu schreiben.
www.maistra160.ch