Wer ins Saanenland reist, landet meist nicht in Saanen – sondern in Gstaad. Der Ort steht oft etwas im Schatten des mondänen Tourismusmagnets. Völlig zu unrecht. Das beginnt schon bei der Übernachtungsmöglichkeit, dem innovativen Hotel Sun&Soul.
Rollschuhe baumeln am Treppengeländer, antike Skier und Schlitten dekorieren den Frühstücksraum, und in der ehemaligen Telefonkabine befindet sich ein Selfie Corner. Wer das ehemalige Solsana-Hotel hoch über Saanen betritt, glaubt sich in einem begehbaren Wimmelbild wiederzufinden. An jeder Ecke entdeckt man neue Objekte und Kunst – und schmunzelt. Kitsch as Kitsch can – könnte man sagen. Heute ist das einst als Sanatorium, Flüchtlingsheim und zuletzt als Kurs- und Ferienhotel für Blinde und Sehbehinderte benutzte Haus ein Pop-up-Hotel.
«Wir bieten einen anderen Luxus – nämlich den der totalen Entscheidungsfreiheit.» Zum Beispiel wann man isst. Im Parterre bietet die 24-Stunden-Cantina in zwei grossen Kühlvitrinen Getränke und Gerichte an, die man selbst aufwärmt, wann man eben Hunger hat. Weil wir keine Lust mehr haben, abends ins Dorf zu gehen, verköstigen wir uns mit einem vorzüglichen Chickencurry.
Auch sonst kommt im Hotel keine Langeweile auf. Wir setzen uns an die Bar in der Lobby, spielen eine Runde am Flipperkasten (ach, wie lange haben wir das nicht mehr getan!) und versuchen uns hernach beim Indoor-Golf. Eigentlich braucht man das Hotel gar nicht zu verlassen…
Das wäre nun aber doch zu schade. Also nehmen wir den Wanderweg hinunter ins Dorf und staunen, wie intakt der Dorfkern von Saanen ist. Noch dazu autofrei. Weshalb also noch nach Gstaad gehen? Beim Tourismus Verein am Dorfplatz holen wir uns die Broschüre «Saanen – ein historischer Dorfführer» und laufen die Gassen ab. Beeindruckend «Ds Gross Hus» am Dorfeingang, das erste Mehrfamilienhaus in Saanen – mit 20 beheizten Zimmern und das anno 1846. Viel Geschichte erzählt auch «Ds Rot Hus» am Hindergässli, wo einst eine Gerberei untergebracht war. Wir flanieren durch die Gässchen mit den wunderbaren Holzhäusern und kleinen Geschäften wie Schmid’s Dorflade, Trouvailles Gessenay oder dem Heimatwerk, wo man viele einheimische Produkte und Kunsthandwerk findet.
Schon bald sind wir bei der Alten Glockengiesserei, wo heute das Restaurant «16 Art» untergebracht ist. Die einheimischen Unternehmer Nik und Simon Buchs haben hier einen Hotspot geschaffen, der Feinschmecker aus Nah und Fern anlockt. Die Küche richtet sich nach der Saison. Wir geniessen einen frischen Wintersalat und ein köstliches Schwarzfuss-Poulet mit Polenta.
So sind wir gestärkt für einen Spaziergang auf dem Philosophenweg, der dem grossartigen Musiker und Humanisten Yehudi Menuhin gewidmet ist und von Saanen nach Gstaad führt. Und wir lassen uns inspirieren von seinen Worten: «Suchen und den Weg gehen, sind wichtiger als ans Ziel zu finden.» Während wir zum Abschied den Nostalgiewagen des Goldpass Classic besteigen, lassen wir seine Worte nachklingen.
Anreise
Mit dem Zug nach Saanen. www.sbb.ch
Unterkunft
Hotel Sun&Soul, Solanastrasse 15, 3792 Saanen, www.solana.ch
Essen
16 Art, Mittelgässli 16, 3792 Saanen, www.16eme.ch