Wer das Tessin abseits der Touristenströme entdecken will, wandert in den Hügeln des Centovalli oder dem Flussufer der Maggia entlang
Marco Stauffer hat gerade alle Hände voll zu tun. Er begrüsst die Passagiere an der Bergstation des Funivia in Rasa, kontrolliert die Tickets, überwacht die Sicherheitskameras, schliesst die Türen und gibt das Signal für die nächste Abfahrt. Kurz darauf tritt Stauffer aus der Seilbahnstation und strahlt. Als der gebürtige Engadiner das erste Mal nach Rasa kam, habe er sich gesagt: «Hier bleibe ich nicht einen Tag!» Inzwischen sind es über 25 Jahre. «Wir sind wie eine grosse Familie», erzählt er. Gerade mal 12 Nasen wohnen in dem autofreien Dorf oberhalb von Verdasio im Centovalli, das nur mittels einer Seilbahn erreichbar ist, die spektakulär über das wilde Flusstal der Melezza führt.
Nur eine Handvoll Häuser schmiegen sich um die Kirche von Rasa (Bild: Switzerland Tourism - Foto Renato Bagattini).
Rasa ist Ausgangsstation für unsere Wanderung nach Intragna. Gerne hätte uns Bruno Caratsch, Direktor des Hotels Casa Berno in Ascona, wo wir hoch über dem Lago Maggiore einquartiert waren, auf seiner Lieblingsroute via Monti über den Pizzo Leone nach Ronco sopra Ascona geführt. Dort befindet sich nämlich das von Marcel Krähenmann geführte Partner-Hotel La Rocca mit Sicht auf die Brissago-Inseln und einer hervorragenden Küche. Doch auf den obersten Gipfeln liegt bei unserem Besuch noch Schnee. Caratsch ist ein begeisterter Berggänger und wandert mindestens einmal wöchentlich mit Gästen auf dem über 4000 Kilometer langen Wandernetz des Tessins. «Es gibt so viele Ecken zu entdecken», meint er enthusiastisch und zeigt auf die umliegenden Bergspitzen, von denen er schon viele erklommen hat.
Während man sich unten am Lago Maggiore bereits um einen Corona-konformen Abstand unter den Flanierenden bemühen muss, verirrt sich nur eine Handvoll Wanderer hinauf nach Rasa. Eine paradiesische Ruhe umgibt uns. Wir flanieren durch das Dörfchen, um dessen Kirche sich ein Dutzend erstaunlich grosser Herrschaftshäuser gruppieren. Seit dem Jahr 1700 ist der Flecken bewohnt, damals vorwiegend von wohlhabenden Bewohnern, die beim Zoll in Livorno arbeiteten. Besonders schön zu betrachten ist Rasa etwas oberhalb des Dorfes auf einer Riesen-Schaukel, die im Rahmen der Aktion «Swing the World» (www.swingtheworld.ch) installiert wurde.
Auch oberhalb von Rasa kann man das Tessin schaukelnd erleben (Bild: Silvia Schaub).
Der Weg nach Intragna führt mal durch lichte Buchenwälder, deren Laub in allen Grüntönen bezaubert, dann wieder über offenes Gelände. Fröhliches Gebimmel begrüsst uns bei Corte di Sotto, als wir eine Weide mit Schafen und Ziegen durchqueren. Immer wieder tauchen kleine Rustici-Weiler auf, dazwischen Wegkapellen mit schönen Malereien. Eidechsen, die sich auf den erwärmten Steinen sonnen, wuseln um unsere Füsse. Herrlich ist der Ausblick auf die Dörfchen unten im Centovalli, die sich wie eine Perlenkette aufreihen. Zuweilen geht es stotzig auf den Steinwegen bergab, so dass etwas Trittsicherheit verlangt wird. Bald schon sind wir im Talboden und queren die Melezza über die Ponte Romana, die eigentlich gar keine römische Brücke ist (sie wurde 1578 erbaut), und gelangen mit einem steilen Schlussaufstieg nach Intragna, dem Hauptort des Centovalli mit dem höchsten Kirchturm des Tessins.
Erholung im Pool im Park des Hotels Remorino in Minusio (Bild: ho).
Wie gut tut es, hernach den strapazierten Füssen im beheizten Pool im Park des Hotels Remorino in Minusio etwas Erholung zu gönnen. Das Hotel mit Charme wird von der Familie Kirchlechner geführt und liegt nur wenige Gehminuten von Locarno entfernt. Das ist praktisch, denn am nächsten Tag führt unsere Wanderung ins Maggia-Tal. Mit dem Postauto fahren wir ab Locarno bis Someo und nehmen den Weg über die 340 Meter lange Hängebrücke, die beim Betreten heftig ins Schwingen gerät. Doch bald haben wir wieder festen Boden unter den Füssen und nehmen auf der anderen Uferseite der Maggia den Weg entlang der Auenwälder. Das Gebiet gilt als eine der wertvollsten Lebensräume der Schweiz und bietet seltenen Vogelarten eine Heimat. Der Weg verläuft anfangs noch nahe am Wasser über Wurzeln und Steinplatten, aber auch über angenehme Sandböden. Später kommen wir durch die Weiler Ronchi und Torn mit hübsch herausgeputzten Rustici. Kurz vor Maggia führt der Weg ins Dörfchen Lodano mit seinen verwinkelten Gässchen, wo uns der herrliche Duft der Tessiner Küche auf die Terrasse der Osteria Cramalina lockt.
Ponte Romano in Intragna (Bild: Alex Pizzera).
In Zusammenarbeit von Benvenuti Hotels und der SonntagsZeitung.
Hotel-Hopping:
Die 4-Sterne-Benvenuti-Hotels Casa Berno in Ascona, Remorino in Minusio-Locarno und La Rocca in Porto Ronco-Ascona bieten mehrtägige Arrangements mit (teilweise) Halbpension, Ticino-Ticket für freie Fahrt im Tessiner ÖV und Gepäcktransport von Hotel zu Hotel. Buchbar über www.benvenuti.ch/wandern
Hotel Casa Berno, Ascona: Das persönlich geführte Hotel liegt hoch über dem Lago Maggiore inmitten eines subtropischen Gartens mit Pool. Auf der Panoramaterrasse und im Restaurant werden Tessiner Gerichte und internationale Spezialitäten serviert. www.casaberno.ch
Boutique-Hotel Remorino, Minusio-Locarno: Zentral und ruhig liegt das Hotel mit Seesicht wenige Gehminuten von Locarno entfernt. Die Zimmer sind stilvoll, die Gartenanlage mit Pool lädt zum Entspannen ein. Das Frühstück wird im Hause oder auf der Terrasse serviert, das Abendessen kann in einem Partnerbetrieb am See genossen werden. www.remorino.ch
Boutique-Hotel La Rocca, Porto Ronco-Ascona: Das Hotel mit 19 geschmackvoll eingerichteten Zimmern mit Seesicht, punktet mit seiner schönen Lage über dem Lago Maggiore und einer hervorragenden Küche. Hier steht Antonio Nogueira, Tessiner Risotto-Meister, hinter dem Herd und verwöhnt die Gäste nicht nur mit Reis-Spezialitäten. www.la-rocca.ch
Die Wanderungen: Der Weg von Rasa nach Intragna ist in rund 2,5 Stunden zu bewältigen, etwas Trittsicherheit wird vorausgesetzt. Die Wanderung von Someo nach Maggia dauert ebenfalls rund 2,5 Stunden, verläuft aber mehrheitlich auf ebenem Gelände.
Allg. Infos: www.ticino.ch