Wandern und Wellnessen ist die perfekte Kombination. Ein neuer Wanderguide zeigt, wo sich besonders gut Spa-Wandern lässt.
Man kann Stadt-Wandern, Berg-Wandern oder Weit-Wandern. Wieso also soll man nicht auch Spa-Wandern können? Wellnessen und Wandern passt doch perfekt zusammen. Oder vielleicht eher umgekehrt – ganz nach dem Motto: zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das hat sich auch das Autorenteam des neuen Buches «Spa-Wandern Schweiz» (Verlag Helvetiq) gesagt, das hinter dem Pseudonym Jack Ouzi-Bader steckt. Es stellte 30 Wandervorschläge aus allen Sprachregionen der Schweiz zusammen – natürlich mit einem Spa- oder Thermalbad-Tipp am Ende der Wanderung oder manchmal auch am Ausgangspunkt. Es hat für jedes Wander-Level etwas dabei – angefangen bei einem gemütlichen Spaziergang durch Vals bis zu einer fünfstündigen Tour um Saignelégier. Praktisch sind die Infos über Höhenmeter, Schwierigkeitsgrad oder Dauer der Wanderung sowie über die Art des Spas mit Wassertemperatur oder Dienstleistungen vor Ort, wie zum Beispiel, ob man ein Badetuch einpacken muss oder nicht. Und schon kanns losgehen.
1 Von Muttenz nach Pratteln ins Aquabasilea
Wer nicht gleich einen Tagesausflug unternehmen will, findet auch aus dem Einzugsgebiet des Mittellandes Vorschläge, die man im Nu erreicht – zum Beispiel Muttenz. Nun, der Ort lockt ein den ersten Blick nicht unbedingt zum beschaulichen Wandern. Uns ist nur gerade die «Muttenzerkurve» ein Begriff. Grosses Staunen, als wir im Zentrum von Muttenz auf den schönen, intakten Dorfkern mit der Wehrkirche St. Arbogast stossen. Im Nu sind wir aus den Häusern heraus und nehmen den Weg hinauf zur ersten der drei Wartenberg-Ruinen. Das muss eine bewegte Zeit gewesen sein, als im Mittelalter Ritter und holde Burgfräuleins hier oben hausten.
Als wir auf dem Grat wandern, erleben wir die nächste Überraschung: Er erscheint uns wie eine Lärmscheide – westlich das Rauschen der Industrie, des Rangierverkehrs und der Autobahn, östlich der Wald mit Vogelgezwitscher und Glockengebimmel der Kühe von den nahegelegenen Weiden. Auch optisch ist das eindrücklich, wenn man auf der Aussichtsplattform der Burgruine Mittlere Wartenberg steht: Hier die besiedelte Ebene mit den Architekturtürmen Basels und dem Elsass im Hintergrund, dort die hügelige Landschaft mit Wald, Weiden und Rebbergen. Ja, an dieser Sonnenlage wächst der Muttenzer Wein. Wir erreichen den Reblehrpfad und erfahren, dass hier Pinot Noir, Riesling-Sylvaner sowie Malbec angebaut werden. Unser Ziel, das Aquabasilea, haben wir schon bald vor Augen. Noch gut eine halbe Stunde und schon stehen wir an der Kasse.
Wir profitieren von der Mittagszeit und sind im Hammam anfangs noch allein, bewegen vom milden Dampfbad «Sogukluk» über den Relaxpool zum Fussbad und weiter ins warme Dampfad «Bingül» bis zum angenehmen Ruheraum im oberen Stock. Eine Runde durch die verschiedenen Innen- und Aussenbäder muss doch noch sein – bevor der grosse Ansturm kommt.
Wanderung: Von Muttenz Dorf bis Pratteln. 9,5 km, 373 m Aufstieg/371 m Abstieg, ca. 2 Stunden.
2 Von der Rigi Scheidegg nach Kaltbad ins Mineral & Spa Rigi Kaltbad
Die Rigi geht immer, das ganze Jahr. Am empfehlenswertesten ist ein Besuch, wenn unten die Nebeldecke aufs Gemüt drückt und die Rigi oben ihre Nase in die Sonne hält. Bei unserem Ausflug zittern wir allerdings bis zuletzt, ob’s reicht. Erst oben auf der Scheidegg sind wir in der Sonne. Weil der Blick übers Nebelmeer so wohltuend ist, verweilen wir einen Moment – bis sich der Nebel langsam lichtet und wir dadurch den Weg nach Rigi Kaltbad in der Sonne laufen können. Die zweistündige Wanderung bietet nicht nur atemberaubende Aussichten, sie ist auch deshalb spannend, weil sie mehrheitlich auf der ehemaligen Schmalspurbahnstrecke Rigi-Kaltbad-Scheidegg verläuft. Diese war bei ihrer Fertigstellung im Jahr 1875 die höchstgelegene Adhäsionsbahn Europas. 1931 wurde der Betrieb aus finanziellen Gründen eingestellt. Aber wir entdecken noch Spuren dieser Bahn, so durchqueren wir einen kurzen Tunnel und stehen schon bald vor einer alten Eisenbahnbrücke. Es lohnt sich, zeitig am Tag oder erst gegen Abend unterwegs zu sein, weil der Weg gut frequentiert ist.
Gleiches gilt auch fürs Mineralbad. Die Badetradition hat auf der Rigi eine lange Geschichte, 1545 wurde erstmals eine Badkapelle für Pilger eingerichtet. Heute geht’s im puristischen Mario Botta-Bau moderner zu und her. Der Aussenpool ist nicht riesig, aber die Aussicht gigantisch, das Kristallbad ein weiterer Höhepunkt, bevor es wieder ins Tal geht.
Wanderung: Von Rigi Scheidegg bis Rigi Kaltbad. 8 km, 140 m Aufstieg/340 m Abstieg, ca. 2 Stunden.
3 Durch die Jaunbachschlucht nach Broc und zurück nach Charmey ins Bains de la Gruyère
Da liegt sie vor uns: die Jaunbachschlucht oder Gorges de la Jogne. Wir stehen beim Rastplatz oberhalb der Staumauer des Lac de Montsalvens. Eben noch haben wir die eindrückliche Mauer bewundert, die den gestauten See abschliesst. Gestartet sind wir oben in Charmey bei Corbettaz. In diesem Freiburger Dorf liegt übrigens der Ursprung des berühmten Gruyère-Käses, den man seit 1115 herstellt. Deshalb war der Weg durch die Jaunbachschlucht schon im 17. und 18. Jahrhundert ein wichtiger Transportweg.
Wir steigen die noch feuchten Treppenstufen hinab und tauchen in eine andere Welt ein. Man staunt, wie sich der Jaunbach seinen Weg durch die Schlucht gebahnt hat. Wir wandern vorbei an bizarren Felsformationen, überqueren Stege, erklimmen Treppen – und was die Wanderung so speziell macht – durchqueren immer wieder kleine Felsengalerien und stockdunkle Tunnels.
Beim hübschen Wasserfall, der über drei Kaskaden fällt, legen wir eine kurze Rast ein, bevor wir in Broc Bataille den Bus nach Charmey besteigen. Im Thermalbad Les Bains de la Gruyère können wir unsere strapazierten Muskeln an den Sprudelbänken entspannen. Das Wellnessbad im futuristischen Rundbau, das von oben wie ein Gruyère-Käse aussieht, bietet neben den grossen Innen- und Aussenbecken im orientalischen Pavillon auch ein Dampfbad mit mehreren Hammams.
Wanderung: Von Charmey Corbettaz nach Broc Bahnhof. 7,6 km, 175 m Aufstieg/336 m Abstieg, ca. 2 Stunden 45 Minuten.
4 In die Taminaschlucht zur Tamina Therme in Bad Ragaz
Diese Tour bietet Geschichte, Kultur, Naturwunder und ein paar Superlative. Anfangs geht’s noch beschaulich dem Rhein entlang. Richtung Pfäfers steigt der Weg an und führt auf der Porta Romana, der einstigen römischen Heer- und Handelsstrasse, durch Rebberge zur Burgruine Wartenstein hinauf. Ein kurzer Halt für einen Blick übers Tal lohnt sich. Schon bald erreicht man die ehemalige Benediktinerabtei und das Dorf mit der Klosterkirche. Ein Stück weit geht’s der Strasse entlang, bis nach rund einer halben Stunde der Wanderweg über einen hölzernen Steg führt. Hier bekommt man den Blick auf die grösste Bogenbrücke der Schweiz, die Tamina-Brücke. Dann endlich kommen wir auf den Zickzackweg hinunter in die Taminaschlucht und schon bald zum Alten Bad Pfäfers. Heute ist die älteste Badeanlage der Schweiz ein Museum über die Bade- und Klostergeschichte von Pfäfers und der Tamina. Wenige Meter entfernt befindet sich der Eingang zur Quellgrotte (Eintritt 5 Franken). Aber uns steht noch der Weg durch die Schlucht zurück nach Bad Ragaz bevor.
Nach dieser Fülle an Entdeckungen freuen wir uns auf etwas Erholung in der Tamina Therme. Sie ist übrigens so etwas wie die Grande Dame der europäischen Thermalbäder, geht doch ihre Geschichte aufs Jahr 1242 zurück, als zwei Vogeljäger die Taminaquelle entdeckten. Die verschiedenen Innen- und Aussenbecken lassen wir für einmal links liegen und gönnen uns als dafür eine lettische Pirts-Sauna – genauso einzigartig wie die Wanderung zuvor.
Wanderung: Bad Ragaz Bahnhof via Pfäfers durch die Taminaschlucht. 14 km, 595 m Aufstieg/575 m Abstieg, ca. 4 Stunden.
Literatur: Spa-Wandern Schweiz, Verlag Helvetiq, 216 S., Fr. 31.90