Intervallfasten ist zwar ein altes Prinzip, erlebt aber gerade wieder ein Revival. Aber wie setzt man es im Alltag richtig um? Einfacher geht es, wenn man mit einer Detox-Woche mit Coaching und Wandern im Hotel einsteigt.
Es klingt schon verlockend: Einfach das Frühstück auszulassen und schon nimmt man ab. Jedenfalls wenn man nach dem Prinzip 16:8 verfährt, also 16 Stunden fastet und in den übrigen 8 Stunden zwei Mahlzeiten einnimmt. Aber wenn einem, wie mir, die liebste Mahlzeit ausgerechnet das Frühstück ist? Und man auch sonst etwas Mühe mit dem eigenen Essverhalten hat, das ständig nach Snacken und Naschen ruft? Wie nur soll man das im Alltag umsetzen? Hoteldirektorin Franziska Richard kennt dieses Problem und bietet deshalb seit rund einem Jahr im Bellevue Parkhotel & Spa in Adelboden ein Package an, dem man kaum widerstehen kann: Intervallfasten auf kulinarischem Niveau von 15 GaultMillau-Punkten.
Das Intervallfasten liegt schon seit einiger Zeit im Trend. Zahlreiche Studien belegen, dass man damit nicht nur Gewicht verlieren, sondern auch den Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin oder Leberwerte verbessern könne. Manche betreiben es bis zum Exzess wie der britische Premierminister Rishi Sunak. Er fastet 36 Stunden am Stück. Von Sonntagabend bis Dienstagmorgen soll er auf jegliche Nahrung verzichten und nur Wasser, Tee oder schwarzen Kaffee trinken. So extrem muss es für mich definitiv nicht sein.
Im Bellevue Parkhotel & Spa hoch über Adelboden fühlt man sich gut aufgehoben (Bild: ho).
«Ich habe aus eigener Erfahrung gemerkt, dass beim Intervallfasten das Coaching sehr wichtig ist», erklärt Franziska Richard, die in 3. Generation das Traditionshotel führt. «Deshalb bieten wir hier einen Einstieg, damit man das Prinzip auch im Alltag zu Hause weiterführen kann.» In der Tat klinkt man sich im 4-Sterne-Superior-Hotel bewusst aus der Alltagsroutine heraus und kann sich ganz auf die Ernährungsumstellung fokussieren.
Das beginnt mit einem Coaching bei Brigitte Kessler. Die Fitness- und Ernährungsfachfrau beschwichtigt gleich zu Beginn meine grössten Bedenken. Die Abstände seien nicht in Stein gemeisselt. «Wenn Sie anfangs nur 12 Stunden fasten, ist das nicht so schlimm.» Ohnehin beginne bei den Frauen der Reinigungsprozess bereits bei 14 Stunden Fastenzeit. «Für unsere Vorfahren war das Fasten normal, weil nicht immer Essen zur Verfügung stand. Unser Körper ist immer noch darauf eingestellt», weiss Brigitte Kessler, die seit über 25 Jahren im Gesundheitswesen tätig ist. Es geht dabei nicht nur ums Abnehmen: Intervallfasten entlastet den Magen- und Darmtrakt, hemmt Entzündungen im Körper und stärkt das Immunsystem. «Und das Magenknurren ist übrigens ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass man sich entspannt.»
Sie erklärt mir weiter, dass beim Fasten der Körper vom Zuckerstoffwechsel auf den Fettstoffwechsel umstelle. «Wenn dann die leicht verfügbaren Kohlehydrate aufgebraucht sind, werden die Fettreserven abgebaut.» Was fast noch wichtiger ist: Gleichzeitig kommt innerhalb der Zellen ein Prozess in Gang, der sich Autophagie nennt. «Das ist sozusagen die Müllabfuhr des Körpers», erklärt sie schmunzelnd und drückt mir ein Notizbüchlein in die Hand. Darin soll ich meine Erfahrungen aufzeichnen, was ich alles esse, wann ich Heisshungerattacken bekomme, wie ich mich bewege oder wie ich mich während den Fastentagen fühle.
Die Nachfrage nach Regeneration ist bei vielen Gästen gross. Entsprechend haben sich dem Thema Detox und Fasten auch andere Hotels angenommen und bieten entsprechende Angebote an, die Ausgleich schaffen, bevor man krank wird. Mit gezielten, mehrtägigen Programmen soll der gesunde Körper sanft entgiftet werden. Manche haben dazu eigene Methoden entwickelt wie das Grand Resort Bad Ragaz oder das Chenot Palace in Weggis.
Es ist schon ein bisschen hart, am Morgen nur einen Kräutertee zu schlürfen, während sich die anderen Gäste am ausladenden Frühstücksbuffet gütlich tun. Danach geht’s an die frische Luft, so wie es mir Brigitte Kessler geraten hat. Denn die sportlichen Einheiten sollte man während der Fastenphase einplanen. Rund um Adelboden gibt es schliesslich genügend Möglichkeiten. Nun, übertreiben will ich es nicht. Davon rät die Fachfrau auch ausdrücklich ab.
Also wandere ich gemütlich los zur Talstation der Engstligenalp-Bahn, fahre hinauf und unternehme dort eine Runde über die Hochebene. Das ergibt insgesamt drei Stunden Aktivitäten auf meinem Konto. Zurück im Hotel lockt das Mittagsmenu, das Küchenchef Jürgen Willing (15 GaultMillau-Punkte) auf den Tisch zaubert: Pilzragout mit Stangensellerie und Kräutersalat, danach Spaghetti mit schwarzem Knoblauch und Frühlingszwiebeln. Auf die Suppe dazwischen verzichte ich, weil der Hunger überraschenderweise gar nicht so gross ist. Aber die Apfel-Variation zum Dessert muss schon sein.
Danach gönne ich mir einen Power-Nap. Das begünstigt die Erholung während des Intervallfastens zusätzlich. Ebenso wirksam ist auch die anschliessende Lymphdrainage. Sie unterstütze das gesamte Organsystem, sagt Brigitte Kessler. Denn, wer mit dem Intervallfasten beginne, begebe sich auf eine ganzheitliche Reise. Und die hat im Parkhotel jeden Tag einen Höhepunkt: das abendliche 5-Gang-Menü!
Was mir anfangs noch undenkbar erschien: Nach drei Tagen habe ich den Rhythmus ziemlich gut gefunden. Und es fühlt sich ganz harmonisch an. Ich bin weniger schlapp, dafür hochmotiviert und wach. Wie schwierig es ist, sich im Alltag auf das neue Regime einzustellen, merke ich leider schon bald nach meiner Rückkehr. Gewohnheiten, die sich über Jahre eingeschlichen haben, legt man eben nicht über Nacht ab. Ein paar Dinge habe ich doch geändert. Ich trinke keine Cola mehr, dafür Kräutertee, bewege mich regelmässiger und häufiger, ernähre mich basischer und schaffe es immerhin am Wochenende, nach dem 16:8-Prinzip zu essen. Das ist schon mal ein Anfang. Schliesslich darf es Ausnahmen geben, hat es geheissen – auch wenn die manchmal noch etwas Überhand nehmen.
Intervallfasten-Woche im Bellevue Parkhotel & Spa, Adelboden, ab Fr. 1950.-, www.bellevue-parkhotel.ch