Wer im Alltag ein Mikro-Abenteuer sucht, sollte es mal mit dem Besuch in einer Natursauna in der Stadt probieren. Dort findet man nicht nur Entspannung, sondern erlebt auch Glücksgefühle.
Am liebsten setzt sich Adrian Neininger frühmorgens in die Sauna. «Wenn es draussen in der Stadt noch ganz still ist und ich alleine zur Abkühlung in die Limmat springen kann.» Dann fühle er sich sogleich nach Finnland ins Ferienhaus seiner Familie versetzt. «Einfach Hammer!» Das Saunieren gehört für den 32-jährigen Schweizer mit finnischen Wurzeln zu einem festen Ritual. Und weil er dieses in der Schweiz etwas vermisste, tat er sich mit seinen Freunden Michael und Kevin Rudin zusammen und gründete vor zwei Jahren das Sauna Start-up Löyly. «Es war auch das Bedürfnis da, einen bezahlbaren und zugänglichen Ort in der Natur zu schaffen, an dem der soziale Austausch in der Sauna willkommen ist.» Löyly, was so viel bedeutet wie der wohltuende Wasserdampf, der beim Saunaaufguss entsteht, hat mittlerweile seine mobilen Saunen an verschiedenen Standorten stehen: zum Beispiel in Rapperswil-Jona, Rorschacherberg und Zug. «Wir möchten damit auch den öffentlichen Raum im Winter beleben. Es gibt so viele schöne Orte, die dann einfach leer sind.»
Das Kaltbaden nach der Sauna braucht etwas Überwindung (Bild: Silvia Schaub).
Eine richtig lauschige Ecke ist der Standort in Zug bei der Männerbadi im Seebad Siehbach. Unter den ausladenden Linden steht der schwarze Löyly-Saunawagen, fast wie ein Tiny-House, nur wenige Meter vom Seeufer entfernt. Geradezu mystisch ist die Stimmung bei unserem Besuch. Nebelschwaden schweben über dem Wasser, Taucherli ziehen ihre Runden, einzig das regelmässige Klacken der Ruder eines Vierer-Bootes durchbricht die Stille. Mit dem Code bewaffnet versuchen wir die Sauna zu öffnen. Das funktioniert nicht gleich auf Anhieb, weil wir das Schlüsselsystem nicht ganz kapieren. Hätten wir doch vorher den Videolink angeschaut! Es ist schon alles bereit für uns, die Sauna perfekt aufgeheizt. Im Vorraum zieht man sich um und los geht’s mit Schwitzen. Ein paar Tropfen Lapland Dry Wood ins Aufgusswasser und wir fühlen uns fast wie in Finnland. Schon bald kullern die Schweissperlen über den Körper. Wunderbar der Blick durchs grosse Fenster Richtung See.
Aber der Sprung ins 6 Grad kalte Wasser lohnt sich (Bild: Silvia Schaub).
Die grosse Challenge kommt indes erst nach dem Schwitzen. Gerade mal 6 Grad hat das Wasser an diesem Tag im Zugersee. Mittlerweile drückt zwar die Sonne durch. Zum Glück kennt sich meine Begleitung beim Kaltbaden aus und kann mir Tipps geben. Wir setzen uns eine Mütze auf und halten die Hände aus dem Wasser. Bis hinauf zum Bauch ist ja alles kein Problem. Danach brauchts etwas Anfeuerung meiner Begleitung, die längst im Wasser steht. «Du schaffst das!» Also dann: Eins, zwei, drei und hopp! Lange halte ich es nicht aus. Aber die Abkühlung tut unheimlich gut, auch wenn danach die Beine rot gefleckt sind. Auf geht’s zur nächsten Saunarunde.
Nicht nur das Schwimmen im Winter scheint gerade ein grosser Hype in der Schweiz zu sein. Auch naturnahes Saunieren wird immer beliebter. Praktisch sind die Angebote in den Städten, so dass man auch mal spontan oder über den Mittag mit ein paar Saunagängen eine kleine Auszeit vom Alltag einplanen kann. Das stellt auch Adrian Neininger fest. «Es ist eben schon ein anderes Saunieren als in einem Hotel oder Hallenbad.» Zudem ist es ja auch noch gesund. Regelmässiges Saunieren soll einen positiven Effekt auf Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen haben. Und auch für die körpereigene Abwehr ist der Wechsel von Heiss-Kalt-Reizen gut. Das haben nicht nur die Finnen entdeckt, wo die Saunakultur seit 2018 als UNESCO Weltkulturerbe gilt und sogar auf einer Zwei-Euro-Münze verewigt ist. Manche schwören aufs Saunieren gegen Muskelkater. Ja, und natürlich kommt man dabei auch in einen Zustand von ausgesprochener Ruhe und Zufriedenheit, wie sich spätestens nach unserem zweiten Saunagang zeigt. Danach fühlen wir uns wohlig entspannt und steigen mit Glücksgefühlen aus dem eiskalten Wasser.
In der Schweiz gebe es noch viel Potential für naturnahes Saunieren, heisst es auf der Website des Freiluftsauna Verbandes Schweiz. Dort haben sich seit 2020 bereits neun Natursaunen zusammengeschlossen. Als einen verrückten Haufen bezeichnen sie sich und bieten Starthilfe für neue Projekte.
Es ist gemütlich in der Löyly-Sauna am Zugersee (Bild: Silvia Schaub).
Das ist in Schaffhausen nicht mehr nötig. Die Stadt am Rhein gilt schon fast als Sauna-Hauptstadt der Schweiz. Da ist nicht nur die beliebte RhySauna mit ihrem Jurten-Dörfchen direkt am Rhein. Ein paar Sauna-Liebhaberinnen und -Liebhaber haben dort im vergangenen Jahr auch den ersten Saunamarathon der Schweiz durchgeführt. Mit grossem Erfolg, folgten doch rund 500 Gäste dem Aufruf. «Wir boten 19 attraktive Standorte für Saunen verteilt über die ganze Stadt, darunter auch auf dem Munot und auf einem Schiff», erzählt Manuel Gruber. Der nächste Saunamarathon soll im Januar 2025 stattfinden. Auf dass noch mehr Menschen auf den Geschmack des Saunierens kommen.
www.löyly.ch, Standorte u.a. Rapperswil-Jona, Zürich Käferberg und Stazione Paradiso, Rorschacherberg und Zug, geöffnet täglich, bis Ende April, Eintritt ab Fr. 30.- pro Stunde für die ganze Sauna
Weiere Sauna, St. Gallen
Die wohl schönste Sauna der Schweiz steht in St. Gallen. Erhöht über der Stadt liegt das alte Badhaus am Chrüzweier. Dieser gehört zu den Drei Weieren, die eigentlich fünf sind, und wird auch Frauenweier genannt. Früher durften dort nur Mädchen und Frauen schwimmen. Heute sind alle willkommen. Seit auf Initiative des Frauenschwimmclubs St. Gallen das Badhaus renoviert und eine Sauna sowie Garderoben und Duschen eingebaut wurden, lässt es sich hier vorzüglich saunieren. www.weieresauna.ch, geöffnet Di-So, bis Ende April, Eintritt pro Person Fr. 28.-
Stadtoase, Zürich
Schon seit 1891 gibt es diesen Park am Zürichberg, der dem Verein für Volksgesundheit Zürich gehört. An der Tobelhofstrasse entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts das erste Sonnenbad Zürichs. Die Sauna kam später dazu, ist aber immer noch ein Geheimtipp. Die Oase mitten im Grünen und weitab vom geschäftigen Treiben in der Stadt bietet diverse Saunen – von der finnischen Sauna (89-95°) bis zur Bio-Sauna (45-60°). Ein Kaltwasser-Becken steht zum Auskühlen zur Verfügung. www.stadtoase.ch, geöffnet Mi-So, ganzjährig, Eintritt pro Person ab Fr. 25.-
Sauna am Rhy, Basel
Während die Stadt im Hintergrund pulsiert, findet man in der Sauna am Rhy eine wahre Ruheinsel. Allein schon der Blick auf den Rhein und das Basler Münster sind einen Besuch wert. Im historischen Rhybadhysli angesiedelt, hat man die Wahl zwischen der grossen Sauna (90°) mit regelmässigen Aufgässen und der kleinen Sauna (70°). Zur Abkühlung geht’s in den Rhein. Ausruhen kann man in einer Jurte oder draussen an der Feuerschale, in der Bistro-Jurte verpflegt man sich bei warmen und kalten Getränken und Snacks. www.sauna-am-rhy.ch, geöffnet täglich, bis 24. März, Eintritt pro Person ab Fr. 30.-
Sauna am See, Uster
Dort, wo im Sommer im Strandbad Uster Hochbetrieb herrscht, ist es im Winter etwas ruhiger, aber dennoch nicht ganz still. Denn dann wird eine Saunalandschaft direkt am Greifensee aufgebaut. In der Sauna am See schwitzt man in drei aufgeheizten Holzfässern. Für die Abkühlung springt man in den See. Entspannung bietet die gemütlich eingerichtete Ruhejurte. Wer sie abends besucht, bekommt den Sternenhimmel inklusive serviert. In der Empfangsjurte gibt’s heissen Tee oder eine Suppe. www.sauna-am-see.ch, geöffnet täglich, bis 31. März, Eintritt pro Person Fr. 38.-
Saunaboot auf dem Vierwaldstättersee
Der Anblick eines Saunabootes mitten in Finnland brachte Res Wallimann auf die Idee, ein solches Angebot auch in der Schweiz einzuführen. Also baute der Schreiner mit ein paar Freunden ein solches Boot. Und so schaukelt seit 2019 Berti, das erste Schweizer Saunaboot, auf dem Vierwaldstättersee beim Hafen Kastanienbaum. Inzwischen sind s’Alice und s’Hildi in der Bootsvermietung Enge in Zürich sowie s’Annelies auf dem Thunersee hinzugekommen. www.saunaboot.ch, geöffnet täglich, bis Ende Juni, Kosten für 2-6 Personen ab Fr. 350.- für das ganze Saunaboot